Jeremia 15,18-21: „18 Warum währt doch mein Leiden so lange und ist meine Wunde so schlimm, dass sie nicht heilen will? Du bist mir geworden wie ein trügerischer Born, der nicht verlässlich Wasser gibt. 19 Darum, so spricht der HERR: Wenn du dich zu mir hältst, so will ich mich zu dir halten, und du sollst mein Prediger bleiben. Und wenn du recht redest und nicht leichtfertig, so sollst du mein Mund sein. Sie sollen sich zu dir kehren, doch du kehre dich nicht zu ihnen! 20 Denn ich mache dich für dies Volk zur festen, ehernen Mauer. Wenn sie auch gegen dich streiten, sollen sie dir doch nichts anhaben; denn ich bin bei dir, dass ich dir helfe und dich errette, spricht der HERR, 21 und ich will dich erretten aus der Hand der Bösen und befreien aus der Hand der Tyrannen.“

Inhaltsverzeichnis


Geschichtliche Situation

Das prophetische Wirken des Jeremia fällt in die Zeit von 627 bis 586 v. Chr. Jeremia lebte also kurz vor der babylonischen Gefangenschaft Israels um 600 vor der Zeitenwende. Als einziger der Propheten riet er dem jüdischen König, weiterhin Babylon den Tribut zu zahlen. Damit stand er allein gegen die Mehrzahl der Propheten Israels. Man warf ihn schließlich ins Gefängnis. Später holte ihn der babylonische König Nebukadnezar nach seinem Sieg über Israel dort wieder heraus. Er war danach ein freier Mann, sowohl in Babylon wie auch in seinem Heimatlande Israel. In Israel war er jedoch als Kollaborateur verhasst, in Babylon als Fremdling geduldet.


Jeremias Stimmungslage

Die Klage im Verse 18 des Gebetes Jeremias bezieht sich auf des Propheten Gemütslage, wie sie schon im Verse 10 des 15.Kapitels beschrieben wird:
„10 Weh mir, meine Mutter, dass du mich geboren hast, gegen den jedermann hadert und streitet im ganzen Lande! Ich habe niemandem geliehen, und keiner hat mir geliehen, und doch flucht mir jedermann.“ Er erinnert in 16. Verse seinen himmlischen Herrn daran, wie bereitwillig er sich ihm zur Verfügung gestellt habe und sei dadurch ein einsamer Mann geworden. Ähnlich wie Jeremia ergeht es heute Menschen, welche Verständnis für den politischen Feind aufbringen wollen. Sie werden als Kollaborateure des Feindes angesehen. Man misstraut ihnen. Auch wenn sie nicht ins Gefängnis geworfen werden, so geht man ihnen doch aus dem Wege. Sie werden isoliert.
Ein deutscher Philosoph schrieb ein Buch, in dem er seine Leser dazu aufforderte, dem allgemeinen politischen Trend ihres Landes nicht zu folgen, sondern kritisch zu bleiben. Sie sollten also nicht „mit den Wölfen heulen.“ Nur so ließen sich bestehende Kriege beenden. Wenn ich hingegen die hasserfüllten Gesichter in den Fernsehnachrichten erblicke, die über den Konflikt in der Ukraine einseitig berichten, dann bin ich entsetzt. Die Argumente, welche für Russland sprechen, die werden nicht einmal erwähnt. Solche Einseitigkeiten haben in der Menschheitsgeschichte stets zu Kriegen geführt und in den Kriegen stets zur Eskalation.
Die einzige Möglichkeit, die ein Mensch hat, dem zu entgehen, ist die Gottbezogenheit, wie sie bei Jeremia vorlag. Dann mag das persönliche Leben erschwert werden, so wie es schon der Prophet erlebte. Doch im Jenseits wird ein Menschen dafür belohnt werden, wenn er sich auf Erden nicht den Hetzern angeschlossen hat.


Gottes Heils-Versprechen

Diese erfährt der Prophet in den Versen 19 bis 21: Der Herr antwortet auf seine Klage, indem er das Versprechen erneuert, das er dem Propheten bei dessen Berufung gegeben hat. (Kapitel 1,18 und folg.). Im Verse 19 empfängt der Prophet den Zuspruch, dass er zu einer eisernen Mauer werden soll. Dieses Versprechen ist allerdings an eine Bedingung geknüpft, die lautet:
„Wenn du dich zu mir hältst, so will ich mich zu Dir halten.“ Ängstlichkeit und Menschenfurcht will der Herr nicht unterstützen. Die Furcht des Propheten, er könne von den Gottlosen zum Abfall von Gott verführt werden, nimmt der Herr ihm durch den folgenden Zuspruch:
„Ich will mich zu Deinen Worten bekennen!“ Es folgt ein Garantie-Erklärung: „Ehe Du zu ihnen fällst, so müssen sie eher zu Dir fallen.“.
13.10.22 Kk


Aktualisierung

Können wir in dieser Geschichte eine Lektion für die Gegenward erkennen? Ich erkenne sie durchaus und zwar für mein Heimatland Deutschland ganz aktuell: Unter Frau Merkel als Kanzlerin gerieten wir in den Einflussbereich der nach 1989 neu entstandenen Russischen Förderation RF. Wir brauchten zwar keinen Tribut an die RF zu zahlen, so wie es das damalige Israel an Babylon entrichten musste, profitierten jedoch vom dem sehr preiswerten Gas, das aus dem siebirischen Böden strömte. Dadurch entstand eine gewisse Abhängigkeit vom Grossreich Russland, die mit der damaligen Abhängigkeit Israels von Babylon vergleichbar ist. Auch heute sind fast alle westeuropäischen Politiker der Meinung, dass der Bruch der Gas-Lieferverträge mit Russland rechtens war. Diese Situation ist vergleichbar mit der damaligen, als alle Propheten bis auf Jeremia sich darin einig waren, die Abhängigkeit von Babylon aufzukündigen. Jeremia wurde ins Gefängnis geworfen. Ähnlich ist es heute: Wer für das Handeln Russlands Verständnis aufbringt, der wird isoliert.
Nun, das Oberhaupt der RF führt einen Krieg. Nun, König David hat ebenfalls Eroberungskriege geführt. Dennoch war und blieb er ein König „nach dem Herzen Gottes“. Allein sein mörderischer Ehebruch zwang ihn zum öffentlichen Bekenntnis und zur Reue.
Kriege hat es schon immer gegeben und nicht immer war der allein Schuld, welcher sich gezwungen sah, ihn zu beginnen. Jedoch hat der Schöpfer Vertragsbrüche niemals gut geheißen, ganz gleich, ob sie auf privater (Ps 51,2) oder auf politischer Ebene geschehen waren.
07.11.2022 Kk

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