In den Landeskirchen wie auch in den meisten Freikirchen besteht der sonntägliche GD in Gesang, einleitenden Worten, Predigt und Abendmal mit „Vaterunser“. Die Gläubigen werden weitgehend eingeschränkt auf das Hören des Wortes Gottes und die Nachrichten am Ende des GD. In den großen Volkskirchen dürfen sie noch eingerückte Verse lesen aus dem Liederbuch oder von einem Zettel Lieder singen. In einigen Kirchen werden auch während der Wochentage in den Abendstunden Treffen veranstaltet, zum Beispiel am Mittwochabend. Während dieser Treffen kann ein jeder sich mit einem Beitrag einbringen. Hier können die sog Geistesgaben praktiziert werden.
Inhaltsverzeichnis
1.Geistesgaben allgemein
Was sind Geistesgaben? Handelt es sich hierbei um Spuk? Oh nein, Geistesgaben sind Geschenke Gottes.
Im 1. Kor 12,1-11 lesen wir über sie das Folgende:
„1 Über die Gaben des Geistes aber will ich euch, Brüder und Schwestern, nicht in Unwissenheit lassen. 2 Ihr wisst: Als ihr Heiden wart, zog es euch mit Macht zu den stummen Götzen. 3 Darum tue ich euch kund, dass niemand, der durch den Geist Gottes redet, sagt: Verflucht sei Jesus. Und niemand kann sagen: Jesus ist der Herr, außer durch den Heiligen Geist. 4 Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. 5 Und es sind verschiedene Ämter; aber es ist ein Herr. 6 Und es sind verschiedene Kräfte; aber es ist ein Gott, der da wirkt, alles in allen. 7 Durch einen jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller. 8 Dem einen wird durch den Geist ein Wort der Weisheit gegeben; dem andern ein Wort der Erkenntnis durch denselben Geist; 9 einem andern Glaube, in demselben Geist; einem andern die Gabe, gesund zu machen, in dem einen Geist; 10 einem andern die Kraft, Wunder zu tun; einem andern prophetische Rede; einem andern die Gabe, die Geister zu unterscheiden; einem andern mancherlei Zungenrede; einem andern die Gabe, sie auszulegen. 11 Dies alles aber wirkt derselbe eine Geist, der einem jeden das Seine zuteilt, wie er will.“
2.Die Gabe der prophetische Rede
Im 1.Kor 14,1-7 stellt Paulus das „prophetische Reden“ dem „Zungenreden“ gegenüber.
„1 Strebt nach der Liebe! Bemüht euch um die Gaben des Geistes, am meisten aber darum, dass ihr prophetisch redet! 2 Denn wer in Zungen redet, der redet nicht zu Menschen, sondern zu Gott; denn niemand versteht ihn: im Geist redet er Geheimnisse. 3 Wer aber prophetisch redet, der redet zu Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung. 4 Wer in Zungen redet, der erbaut sich selbst; wer aber prophetisch redet, der erbaut die Gemeinde. 5 Ich möchte, dass ihr alle in Zungen reden könnt; aber noch viel mehr, dass ihr prophetisch redet. Denn wer prophetisch redet, ist größer als der, der in Zungen redet; es sei denn, er legt es auch aus, auf dass die Gemeinde erbaut werde. 6 Nun aber, Brüder und Schwestern, wenn ich zu euch käme und redete in Zungen, was würde ich euch nützen, wenn ich nicht mit euch redete in Worten der Offenbarung oder der Erkenntnis oder der Prophetie oder der Lehre? 7 So verhält es sich auch mit leblosen Instrumenten, es sei eine Flöte oder eine Harfe: Wenn sie nicht unterschiedliche Töne von sich geben, wie kann man erkennen, was auf der Flöte oder auf der Harfe gespielt wird?“
Soweit die Schrift über prophetische Rede und das Reden in Zungen! Worum es bei der prophetischen Rede geht, das verraten uns die alttestamentlichen Bücher von Ezra, Nehemia, Isaiah, Jeremia, Ezekiel, Daniel, Hosea, Amos, Obadiah, Zechariah und Malachi. Doch es gibt auch Propheten im NT. Jesus Christus selbst war ein Prophet, welcher seinen Leidensweg, seinen Tod und seine Auferstehung voraussagte.
3.Die Gabe der Zungenrede
Die Zungenrede, welche damals zu Pfingsten praktiziert wurde, diente dazu, den vielen ausländischen Besuchern des Pfingstfestes in Jerusalem die frohe Botschaft der Erlösung mitzuteilen. Heute sorgen Übersetzer für die sprachliche Übertragung der Predigten. Damals standen diese den Jüngern Jesu nicht zur Verfügung. Im 1.Kor 14,8 lesen wir:
„Wenn die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zur Schlacht rüsten? 9 So auch ihr: Wenn ihr in Zungen redet und nicht mit deutlichen Worten, wie kann man wissen, was gemeint ist? Ihr werdet in den Wind reden. 10 Es gibt vielerlei Sprachen in der Welt, und nichts ist ohne Sprache. 11 Wenn ich nun die Bedeutung der Sprache nicht kenne, werde ich ein Fremder sein für den, der redet, und der redet, wird für mich ein Fremder sein. 12 So auch ihr: Da ihr euch bemüht um die Gaben des Geistes, so trachtet danach, dass ihr sie im Überfluss habt und so die Gemeinde erbaut. 13 Wer also in Zungen redet, der bete, dass er’s auch auslegen könne. 14 Denn wenn ich in Zungen bete, so betet mein Geist; aber mein Verstand bleibt ohne Frucht. 15 Wie soll es aber sein? Ich will beten mit dem Geist und will auch beten mit dem Verstand; ich will Psalmen singen mit dem Geist und will auch Psalmen singen mit dem Verstand. 16 Wenn du Gott lobst im Geist, wie soll der, der als Unkundiger dabeisteht, das Amen sagen auf dein Dankgebet, da er doch nicht weiß, was du sagst? 17 Dein Dankgebet mag schön sein; aber der andere wird nicht erbaut. 18 Ich danke Gott, dass ich mehr in Zungen rede als ihr alle. 19 Aber ich will in der Gemeinde lieber fünf Worte reden mit meinem Verstand, damit ich auch andere unterweise als zehntausend Worte in Zungen. 20 Liebe Brüder und Schwestern, seid nicht Kinder, wenn es ums Verstehen geht; sondern seid Kinder, wenn es um Bosheit geht; im Verstehen aber seid erwachsen. 21 Im Gesetz steht geschrieben: »Ich will in andern Zungen und mit andern Lippen reden zu diesem Volk, aber auch so werden sie nicht auf mich hören, spricht der Herr.« 22 Darum ist die Zungenrede ein Zeichen nicht für die Gläubigen, sondern für die Ungläubigen; die prophetische Rede aber ein Zeichen nicht für die Ungläubigen, sondern für die Gläubigen. 23 Wenn nun die ganze Gemeinde an einem Ort zusammenkäme, und alle redeten in Zungen, es kämen aber Unkundige oder Ungläubige hinein, würden sie nicht sagen, ihr seid von Sinnen? 24 Wenn aber alle prophetisch redeten und es käme ein Ungläubiger oder Unkundiger hinein, der würde von allen überführt und von allen gerichtet; 25 was in seinem Herzen verborgen ist, würde offenbar, und so würde er niederfallen auf sein Angesicht, Gott anbeten und bekennen, dass Gott wahrhaftig unter euch ist. 26 Wie ist es nun, Brüder und Schwestern? Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder einen Psalm, er hat eine Lehre, er hat eine Offenbarung, er hat eine Zungenrede, er hat eine Auslegung. Lasst es alles geschehen zur Erbauung! 27 Wenn jemand in Zungen redet, so seien es zwei oder höchstens drei und einer nach dem andern; und einer lege es aus. 28 Ist aber kein Ausleger da, so schweige er in der Gemeinde und rede für sich selbst und für Gott. 29 Auch von den Propheten lasst zwei oder drei reden, und die andern lasst darüber urteilen. 30 Wenn aber einem andern, der dabeisitzt, eine Offenbarung zuteilwird, so schweige der Erste. 31 Ihr könnt alle prophetisch reden, doch einer nach dem andern, damit alle lernen und alle ermahnt werden. 32 Die Geister der Propheten sind den Propheten untertan. 33 Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens. Wie in allen Gemeinden der Heiligen 34 sollen die Frauen schweigen in den Gemeindeversammlungen; denn es ist ihnen nicht gestattet zu reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. 35 Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen. Es steht einer Frau schlecht an, in der Gemeindeversammlung zu reden. 36 Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? Oder ist’s allein zu euch gekommen? 37 Wenn einer meint, er sei ein Prophet oder vom Geist erfüllt, der erkenne, dass es des Herrn Gebot ist, was ich euch schreibe. 38 Wer aber das nicht erkennt, wird nicht erkannt. 39 Darum, liebe Brüder, bemüht euch um die prophetische Rede und wehrt nicht der Zungenrede. 40 Lasst aber alles ehrbar und ordentlich zugehen.“
(Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. – Die Verwendung des Textes erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaft.)
In Freikirchen, welche die Zungengabe pflegen, erlebt man immer wieder ein Durcheinander. Alle reden oder murmeln in sog „Zungen“ gleichzeitig. Das ist oft nur ein chaotisches Geplapper, das jeder menschlichen wie auch göttlichen Ordnung widerspricht. Diese „Zungenrede“ duldet der Apostel Paulus offenbar nicht. Im Vers 27 von Kor 14 legt er eine vernünftige Ordnung für die Praktizierung der Zungensprache fest. Leider wird diese in vielen Pfingstgemeinden nicht beachtet.
Paulus behauptet, die prophetische Rede könne einen Ungläubigen helfen. Doch die Zungenrede werde ihn nur erschrecken (Vers 23). Wie ist das nun mit der echten Zungenrede? Sollte man diese praktizieren, wenn Ungläubige im GD sind? Sie hilft dem ungläubigen Gast nur dann, wenn sie diszipliniert vorgetragen wird. Das heißt: Nur einer redet in Zungen und nur eine Person übersetzt. Das Reden vieler allgemein unverständlichen Sprachen ist zu vermeiden. – Und was ist zu tun, wenn nun keine Person die Zungensprache in die Umgangssprache übersetzen kann, die in dieser Gemeinde üblich ist? – Dann sollte nach Meinung des Apostels der Zungenredner Schweigen. Wenn dieser jedoch dem Redeverbot nicht Folge leisten will, dann sollte er der Gemeinde verwiesen werden. Ich habe früher eine Gemeinschaft kennengelernt, in der die Verantwortlichen das Durcheinander der vielen „Zungensprachen“ anfangs tolerierten. Später konnten sie es nicht mehr unterbinden. Die Gemeinde löste sich daraufhin auf. Ob die Menschen, welche zuvor aus anderen Gemeinden abgeworben worden waren, wieder in ihre alten Gemeinden zurückfanden, ist mir nicht bekannt.
Vor kurzem habe ich eine Ekklesia-Gemeinde besucht, in der ich dieses Durcheinanderreden mehrerer mir unbekannter Sprachen vernommen habe. Für diese Gemeinschaft erhoffe ich die Umkehr zur christlicher Ordnung, wie sie der Apostel Paulus beschreibt und wie es auch Herrmann Zeiss, der Begründer der Ekklesia, seinerzeit gefordert hat.
4.Die Zungenrede im AT
Jesaja 28,7-13:
„7 Aber auch diese sind vom Wein toll geworden und taumeln vom Bier. Priester und Propheten sind berauscht vom Bier, sind im Wein ersoffen. Sie taumeln vom Bier, sie sind toll beim Weissagen und Wanken beim Rechtsprechen. 8 Denn alle Tische sind voll Gespei und Unflat an allen Orten! 9 Wen will denn der Priester Erkenntnis lehren, wem der Prophet Offenbarung deuten? Denen, die entwöhnt sind von der Milch, denen, die von der Brust abgesetzt sind? 10 Denn sie sagen: »Zawlazaw zawlazaw, kawlakaw, kawlakaw, hier ein wenig, da ein wenig!« 11 Ja, Gott wird mit stammelnder Lippe und fremder Zunge reden zu diesem Volk, 12 er, der zu ihnen gesagt hat: »Das ist die Ruhe, schafft Ruhe den Müden; und das ist die Erquickung!« Aber sie wollten nicht hören. 13 Darum wird für sie des HERRN Wort zu »Zawlazaw zawlazaw, kawlakaw kawlakaw, hier ein wenig, da ein wenig«, dass sie hingehen und rücklings fallen, zerbrochen, verstrickt und gefangen werden.“
Unter Kenntnisnahme dieser Bibelstelle unterstellten die jüdischen Pharisäer und Sadduzäer den in neuen Zungen sprechenden Jüngern Jesu, sie seien voll des süßen Weines. Sie stellten sie mithin auf dieselbe Stufe wie die betrunkenen Schriftgelehrten zu Jesajas Zeiten. Zu solch einem Urteil sollten wir uns allerdings nicht hinreißen lassen. Damit auch andere nicht zu solchem Verhalten verführt werden, ist es angebracht, dass Gemeindeleitungen „Zungenreden“ unterbinden, das nicht übersetzt wird.
16.11.23 Kk