Die biblische Geschichte vom verlorenen Sohn wird Christen im Allgemeinen bekannt sein: Ein Vater besaß zwei Söhne. Der ältere blieb zuhause, der jüngere hingegen wünschte vom Vater, dass dieser sein Erbe ihm auszahlen möge. Nachdem der Jüngste die Erbschaft verprasst hatte, kam er wieder heim. Vom Vater wurde er mit offenen Armen empfangen. Der ältere Bruder aber hatte zunächst kein Verständnis für die Wiedersehensfreude des Vaters. Diese Geschichte kann nachgelesen werden im 15.Kapitel des Lukasevangeliums in den Versen 11-22.
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Die Geschichte der verlorenen Kinder
Es gibt eine ähnliche Geschichte aus der Neuzeit: Ein fleißiger Mensch baute zusammen mit seiner Frau ein Haus. Aus ihrer Ehe ging eine Tochter hervor, die ihren Vater leider gar nicht kennenlernte, weil dieser im zweiten Weltkriege gefallen war. Die Tochter des gefallenen Soldaten ehelichte einen Mann ihres Alters. Die Beiden hatten drei gemeinsame Kinder. Die Kriegerwitwe starb und nach einigen Jahrzehnten auch ihre Tochter, die Mutter der drei Kinder. Da zu diesem Zeitpunkte die drei Kinder nicht mehr im elterlichen Hause lebten, fiel das Haus ihrem Vater zu, der nach dem Tode seiner Frau im Hause allein zurück blieb. – Es waren noch keine drei Monate seit dem Tode der Mutter vergangen, da fanden sich alle drei Kinder im Hause des Vaters ein, um das Erbe von ihrem Vater zu fordern.
Die Forderung der Kinder und ihre Folgen
Der Vater, welcher das Haus seiner verstorbenen Frau für viel Geld ausgebaut und modernisiert hatte, begann damit, sich dem Alkohol zuzuwenden. Er sah immer kränker und elender aus, weil er nicht mehr wusste, was er machen sollte. Er alterte zusehends. Nachbarn und Freunde halfen ihn so gut sie es konnten. Dennoch nahm seine Kraft zusehends ab. – Der Vater aus der biblischen Geschichte des Lukasevangeliums besaß noch einen Sohn, der zuhause geblieben war und dort den Vater unterstützen konnte. Doch dieser Mann, von dem hier die Rede ist, war ganz allein. Statt vom verlorenen Sohn zu sprechen, wäre es hier angebrachter, vom verlorenen Vater zu reden. Die Mehrzahl der Personen steht jetzt auf der Seite, die in der biblischen Geschichte zum verlorenen Sohn gehörte.
Der verlorene Vater
Was soll der Vater nun machen? Da gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder er bleibt allein im großen Hause wohnen und lässt dort durch fremde Personen sich selbst samt Haus und Garten pflegen oder er wird durch den Arzt in ein Pflegeheim überwiesen. Das Haus wird verkauft. Dann könnte es sein, dass der erzielte Kaufpreis zwischen Vater und Kinder aufgeteilt wird. Dabei müssen dann alle Beteiligten das Haus aufgeben, was dem Vater am schwersten fallen könnte. Glücklich wird der sein, welcher seinen Besitz loslassen kann. Doch älteren Personen fällt das sehr schwer, zumal dann, wenn sie im Ausbau ihres Hauses ihr Lebenswerk gesehen haben.
Viele junge Leute haben die Achtung vor ihren Eltern verloren, auch wenn letztere einander die eheliche Treue gehalten haben. Manche Eltern verstehen auch ihre Kinder nicht mehr und verweigern ihnen die Möglichkeit, selbstständig zu werden. Sie wollen sie an sich binden, vor allem dann, wenn ihnen selbst die innere Bindung an ihren Schöpfer fehlt.
Erwachsene Kinder beanspruchen mit Recht ihre Freiheit. Muttersöhnchen werden von intelligenten Frauen nicht bewundert und Töchter, die sich von ihrem Vater nicht emanzipiert haben, machen ihren Ehemann keine Freude. Wir Alten sollten loslassen. So erhalten wir unsere Achtung bei unseren Kindern, selbst dann, wenn wir vergesslich werden, beim Essen krümeln und beim Trinken schlabbern!Doch ohne Hilfe Gottes, auf die wir Christen uns verlassen können, wird das nicht möglich sein.
Ende gut alles gut
Die jüngere der beiden Töchter besuchte ihren Vater ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als dieser mit den Kaufinteressenten verhandeln wollte. Die Tochter saß schweigend neben ihrem Vater. Auf diese Weise kam es nicht zum Verkauf des Hauses. Für die nächsten Wochen organisierte die Tochter dem Vater ein Ehepaar, das von nun an Vaters Haus sauber halten wird. Hernach erlebte ich einen glücklichen älteren Herrn. Unsere kurzen Gebete der letzten Wochen hatten das Ohr eines gnädigen himmlischen Vaters erreicht, welcher durch die Veränderung der familiären Verhältnisse die Seele des alten Mannes aus ihren Ängst befreit hatte. Der Vater war von da an nüchtern, wenn er mich besuchte.
08.06.2021 Kk